Waffenrechtsverschärfung: Die Politik lädt nach… führt das zum Erfolg?

Am 9. Oktober 2019 versucht der unter Verdacht stehende antisemitische Rechtsextremist Stephan Balliet in die Synagoge im Paulusviertel in Halle an der Saale einzudringen. Er wollte die dort zum Jom-Kippur (dem Versöhnungstag) versammelten Personen mit zum Teil selbstgebauten Schusswaffen töten.

Anstatt inne zu halten, zu trauern und den Geschädigten sowie deren Angehörigen Hilfe, insbesondere auch psychologischer Art, anzubieten treten einige Politiker auf die Bühne, um sich zu profilieren. Der Ruf nach weiteren Verschärfungen des Waffenrechts wird laut obwohl die EU Feuerwaffenrichtlinie mit viel Verspätung immer noch nicht umgesetzt ist. Haben wir Deutschen aus schlechter Politik, die immerhin zu zwei Weltkriegen geführt hat, denn so gar nichts gelernt? Sind wir, und unsere Politiker so tief von den furchtbaren Geschehnissen des 2. Weltkrieges traumatisiert, dass ein klares und menschliches Denken unmöglich geworden ist?

Konkret sind die folgenden Forderungen laut geworden:

  • Der Verfassungsschutz soll regelmäßig Waffenbesitzer überprüfen.
  • Verfassungsschutz und Polizei sollen unter anderem bessere Überwachungsmöglichkeiten bekommen. WhatsApp, Telegram und andere Messenger sollen z.B. intensiver überwacht werden. Es geht aber auch um die Speicherung und Analyse von Daten aus Onlinedurchsuchungen. Der Datenschutz soll dazu geschwächt und Speicherfristen verlängert werden.
  • Niedersachsen will in diesem Zuge 14 neue Stellen beim Verfassungsschutz schaffen.
  • Diese Forderungen sind allesamt nicht neu, sondern wurden teilweise schon mehrfach abgelehnt. Wird hier die Kulisse einer schrecklichen Straftat genutzt, um noch mehr Bürokratie zu schaffen?

    Der Attentäter von Halle war kein „dummer Junge“. Er hat immerhin das Abitur bestanden und mehr als ein Semester Chemie studiert. Stephan B. war aber ein Einzelgänger. Kein exzessiver Austausch über WhatsApp oder soziale Medien. Er hat sowohl Waffen als auch teile seiner Munition selbst hergestellt. Bei den Schüssen aus der Flinte sieht man, auf den veröffentlichten Fotos, ganz deutlich Pulverdampf von Schwarzpulver. So einen Täter rechtzeitig vor der Tat zu finden ist extrem schwer. Vorratsdatenspeicherung und Überwachung des Internets helfen wenig. Keine der jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen hätte dieses Attentat verhindern können.

    Wir können nur dankbar sein, dass Stephan B. tatsächlich ein „Looser“ ist, wie er sich selbst im eigenen Video stream bezeichnet. Hätte er tiefer gehende mechanische Kenntnisse gehabt und im Studium besser aufgepasst dann hätte er mit diesen illegalen und selbst gebauten Waffen und der Munition sehr viel mehr Schaden anrichten können.

    Ein Umdenken ist nötig.

    Es sind nicht immer schärfere Gesetze, Bürokratie und Repressionen, die helfen. Es darf nicht sein, dass der Staat so viel Angst vor seinen Bürgern hat, dass er immer mehr zum Überwacher wird. Das kann nicht die Lösung sein. Schaut man sich den Weltfriedensindex an dann dümpelt Deutschland auf Platz 22 herum, direkt hinter Ungarn. Island ist seit mehr als 10 Jahren die Nummer 1 in diesem Index und das obwohl es ein Land der Waffenliebhaber ist. Fast jeder dritte Isländer ist Waffenbesitzer. Es kann also nicht an den legalen Waffenbesitzer liegen wie friedlich es in einem Land zugeht. Vielleicht sollten wir viel mehr schauen, was in anderen Ländern gut läuft.

    Es wäre ein Anfang, wenn die Menschen wieder mehr miteinander reden, die Politiker verständlich erklären was sie machen und alle an einem Strang ziehen, um das Land voran zu bringen. Solange Politiker (und die Menschen an sich) immer nur an sich denken wird die Unzufriedenheit immer größer und extreme Reaktionen immer öfter.

    Wenn es so schwer ist Täter rechtzeitig zu stoppen dann sollte man versuchen ihnen gar nicht erst einen Grund zur Radikalisierung zu geben.

Schreibe einen Kommentar