Was ist eigentlich das nationale Waffenregister?

Vermutlich jeder der rund 1,6 Millionen legalen Waffenbesitzer in Deutschland hat schon einmal etwas vom nationalen Waffenregister, dem NWR gehört. Aber was ist das eigentlich genau und was wird da gemacht und gespeichert?

Ich erinnere mich noch wie heute: 1987 habe ich mein erstes Auto angemeldet und ein Kennzeichen zugeteilt bekommen. Ich hatte damals schon 12 Jahre lang mit Computern gebastelt und komme als 18-Jähriger in diese Halle in Hamburg wo alle Fahrzeuge ihre Karteikarte hatten. Ein riesiger Raum mit kistenartigen Maschinen in denen Register mit Karteikartenkästen hingen und hunderte von Knöpfen. Ich war damals beeindruckt wie schnell die Karte meines Gebrauchtwagens gefunden war, um dann handschriftlich meinen Namen dort einzutragen. Toll und gleichzeitig unglaublich denn die relationale Datenbank wurde doch schon 1970 von IBM erfunden.

Was hat das denn nun mit dem nationalen Waffenregister (NWR) zu tun? Was mir 1987 unglaublich rückständig erschien war bis 2012 bei den seinerzeit 551 deutschen Waffenbehörden gängige Praxis. Waffen wurden lokal von den vielen Waffenbehörden registriert. Eine Abstimmung oder einen Austausch zwischen den Behörden fand turnusmäßig nicht statt. Ein Beispiel aus der Praxis der Ermittlungsbehörden: Als die 9-fache Mordwaffe der NSU, eine Česká 83 Pistole, sichergestellt wurde musste der ermittelnde Staatsanwalt bei allen 551 Waffenbehörden nachfragen, ob die Waffe dort registriert ist.

Heute bildet das NWR den legalen privaten Waffenbesitz in Deutschland ab.

Erfasst werden:

  • Erlaubnispflichtigen Waffen in Deutschland
  • Daten von Erwerbern, Besitzern und Überlassern
  • Die zugrunde liegenden Erwerbs- und Besitzerlaubnisse

Das NWR ist eine Datenbank die seit 1. Januar 2013 durch das Bundesverwaltungsamt (BVA) als gesetzliche Registerbehörde betrieben wird. Mit der Einführung wurde die EU-Waffenrichtlinie 2008/51/EG schon zwei Jahre vor ihrer Frist umgesetzt. Antrieb zur schnellen Einführung des NWR gab der Anschlag von Winnenden. Die Vision war von Anfang an, den gesamten Lebenszyklus einer Waffe in einer zentralen Datenbank abzubilden wie der damalige Innenminister Friedrich am 19.11.2012 in der Tagesschau stolz verkündete.

Genau das wird das neue NWR 2.0 jetzt können.

Es nimmt seinen Gesamtbetrieb am 1. September 2020 auf. Es erfasst folgende Daten der Waffen und Waffenteile:

  • Hersteller und Zeitpunkt der Herstellung bzw. des Importes aller Waffen und wesentlichen Waffenteile (Fertigstellung)
  • Modell, Kaliber, Seriennummer, waffentechnische Ausführung, Kategorie, Waffentyp und Waffentypfeingliederung
  • Besitzerwechsel (Überlassung, Erwerb)
  • Mögliche Bearbeitungen (Austausch von Waffenteilen, Umbauten etc.)
  • Blockierung und Unbrauchbarmachung
  • Abhandenkommen

Zu den Waffenbesitzern werden Personalien und ihre Erlaubnisse sowie behördlich verhängte Waffenbesitzverbote gespeichert.

Jede Waffe bzw. jedes Waffenteil, jeder Waffenbesitzer, jede Erlaubnis und jeder Händler sowie Hersteller bekommen eine eindeutige NWR-ID (Personen-ID, Erlaubnis-ID, Waffen-ID, Händler-ID, Hersteller-ID, Waffenbehörden-ID).

Voraussetzung ist dabei, dass alle relevanten Waffendaten bereits durch die Hersteller und Waffenhändler an das NWR gemeldet werden.

Jeder Waffenbesitzer hat also mindestens zwei NWR-IDs die man auf seiner WBK findet. Oben wird die Erlaubnis-ID eingedruckt und unter dem Namen die Personen-ID.

Neben den Waffenbehörden haben Polizei, Justiz und Zoll direkten Zugriff auf die bundesweiten Daten des NWR. Insgesamt sind das fast 600 Behörden, die hoffentlich alle einen hohen Standard an IT Sicherheit umsetzen.

Wo ist der Nutzen des NWR?

Das nationalen Waffenregister hat für die Strafverfolgungsbehörden eine große Bedeutung. So kann z.B. vor einem Polizeieinsatz geklärt werden ob eine Person Waffenbesitzer ist oder ein Waffenbesitzverbot verhängt wurde. Zu jeder sichergestellten Waffe kann sofort die Kette der Vorbesitzer ermittelt werden. Ehemals legale Waffen, die z.B. durch Diebstahl oder Verlust illegal geworden sind können leichter nachverfolgt werden etc.

Die Notwendigkeit eines zentralen Registers, die bei Kraftfahrzeugen nie in Frage gestellt wurde, wird fälschlicherweise beim NWR in der Öffentlichkeit immer wieder hinterfragt.

Gibt es Gefahren?

Letzens wurde ich gefragt: „Wenn das NWR gehackt wird, dann wissen die Diebe doch wo wertvolle Waffen stehen“ – Ich denke, dass es viel gefährlicher ist, wenn Diebe wissen wo der kleine Maserati steht. Waffen sind schwer weiter zu veräußern und bringen auf dem Schwarzmarkt vergleichsweise wenig Geld.

Gehen wir in Gedanken aber noch einmal viele Schritte zurück. Zu den Karteikarten mit denen Waffen bei den Waffenbehören erfasst wurden. In einer kleinen Gemeinde übernimmt das Ordnungsamt auch die Funktion der Waffen- und Sprengstoffbehörde. Der Sachbearbeiter hat keinerlei persönlichen Kontakt zu Waffen und kennt sich auch nicht damit aus (das ist auch heute oft so). Die älteren Jäger und Sportschützen werden es noch kennen: Man ging mit seiner neu erworbenen Waffe zur Waffenbehörde, legte die Waffe in der Amtsstube auf den Tisch und sie wurde erfasst. So kommt es dann nicht selten zu Einträgen wie „KK-Gewehr – Kaliber ca. 6mm – Hersteller unbekannt – Waffennummer ohne“. Solche Einträge mussten oftmals von Hand und durch Nachfragen beim Waffenbesitzer korrigiert werden. Korrekt steht die Waffe jetzt so im NWR: „Kat.C Einzellader – Kaliber .22lr – Mauser ES 340 – Waffennummer 123456“. Die Herstellernummern (Waffennummern) waren dabei eine enorme Fehlerquelle. Es gab unglaublich viele Waffen mit der Nummer 85715. Gerade bei älteren Waffen kann man 8x57IS schon falsch deuten und so kam es zu einem unreinen Datenbestand.

Datenfehler im NWR 1.0

Im NWR mussten diese Fehler mühsam bereinigt werden. Für das NWR 2.0, in das ja auch Hersteller und Händler Waffen eintragen, wurden Mechanismen geschaffen, um Fehleingaben zu verhindern. Analog zum xKFz-Standard für das Fahrzeugregister wurde die xWaffe-Schnittstelle eingeführt. Unter https://www.xwaffe.de/ kann man sich den xWaffe-Dolmetscher anschauen und sehen, dass es nahezu unmöglich ist eine falsche Eingabe zu machen. Am deutlichsten sieht man das bei der Kalibereingabe. Gibt man z.B. „9mm Nato Parabellum“ ein wandelt der Dolmetscher das Kaliber in „9mmLuger“ um. So wird es auch in die Datenbank und die WBK Eingetragen.

Wie man sieht schließt sich der Kreis. Ab September sollen Hersteller und Händler entweder über ein automatisiertes Verfahren oder über den Webbrowser mit der sogenannten Kopfstelle des NWR in Schwerin eine Verbindung aufbauen und dort Daten eintragen. Die Kopfstelle stellt dabei die Schnittstelle zwischen dem Internet und dem Behördeninternen Netzwerk da. Die Händler dürfen aus Sicherheitsgründen keinen direkten Zugriff auf das NWR haben. Die Kopfstelle prüft die Daten auf fachliche Richtigkeit, wandelt sie in das xWaffe konforme Format und sendet sie an das NWR. Dort werden sie eingetragen und der Händler bekommt eine Rückmeldung.

Was so einfach klingt wird Hersteller und Händler noch vor Herausforderungen stellen.

Wie sieht es EU-weit aus?

Auch die anderen europäischen Staaten haben ihre jeweils eigenen nationalen Waffenregister. Zurzeit gibt es zwischen den Staaten der EU keinen Abgleich. Die Systeme sind leider sehr verschieden. Es bleibt abzuwarten wann wir ein EU-weites Waffenregister bekommen.

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